Praxis für Klinische Psychologie und Psychotherapie
Traumabehandlung
In den Mythen, Märchen und Sagen finden wir vieles was wir heute unter belastende und traumatische Lebensereignisse zusammenfassen. Diese handeln oft von den verstossenen Kindern, vom Verlust der Mutter, von bösen Stiefmüttern, Vernachlässigung und Ausbeutung. In den Geschichten von Händel und Gretel, Aschenputtel, Dornröschen werden diese Erfahrungen über Generationen hinweg weitergetragen. Sie sollen uns erinnern, vorwarnen aber auch Hoffnung und Zuversicht vermittle.
In der Psychotraumatologie wird ein Trauma als aussergewöhnlich belastendes und überwältigendes Lebensereignis beschrieben, das zu posttraumatischen Stress und in Folge zu psychischen Symptomen führen kann. Das Ereignis muss unvorhersehbar sein, plötzlich auftreten und zu einer Überwältigung der Abwehrstrategien führen.
Die Psychotraumatologie kam zu ihrer weltweiten Anerkennung, da Menschen überall auf der Welt die selben Symptome zeigten. Dies führte zur Erkenntnis, dass extrem stressverursachende Ereignisse bei den Betroffenen im Nachhinein heftige Symptome hervorrufen, die den Alltag beeinträchtigen, zum Teil Wesensverändernd sind und nicht auf rein körperliche Ursachen zurückzuführen sind. Trauma hat immer zwei Komponenten: ein Ereignis und nicht ausreichende Bewältigungsstrategien, dadurch kommt es zur körperlichen, psychischen und emotionalen Überwältigung mit starken Gefühlen der Ohnmacht und Hilflosigkeit.
In der Psychotraumatologie wird unterschieden zwischen:
Typ 1 Trauma bezeichnet einmalig unvorhersehbare Ereignisse, sogenannte Monotraumen oder Schocktraumen. Darunter werden Ereignisse verstanden die einmal geschehen sind und einen Anfang und ein Ende haben, innerhalb eines sonst relativ "normal" verlaufenden Lebens wie z.B. schwerer Unfall, Operationen, Naturkatastrophen, Vergewaltigung, Überfall, Diagnose einer schweren Erkrankung.
Die Diagnose lautet hier "posttraumatische Belastungsstörung" ICD-10: F43.1 ICD-11: 6B40
Typ 2 Trauma bezeichnet multiple Ereignisse, die anhaltend und wiederholt erfolgen, meist über einen langen Zeitraum hinweg. Dazu zählen z.B. Krieg, Terrorismus, Gewalt in der Familie, wiederholter Missbrauch, schwere Vernachlässigung und Verlusterlebnisse. Bei Typ 1 Traumen ist das Leben in Gefahr. Bei Typ 2 Traumen ist das "Ich" in Gefahr.
Die Diagnose lautet hier "komplexe posttraumatische Belastungsstörung" ICD-11: 6B41
Von Entwicklungs-und Bindungstraumatisierungen spricht man, wenn diese Erlebnisse während der Kindheit auftreten. Das kindliche Gehirn ist in der ständigen Entwicklung und deswegen oft noch nicht in der Lage, Ereignisse vollständig zu erfassen und einzuordnen. Es kommt viel häufiger zur Überwältigung ihrer Schutzfunktionen da sie einerseits sehr verletzlich sind und andererseits in einer Abhängigkeitsbeziehung stehen. Kinder sind auf den Schutz der Bezugspersonen angewiesen. Passieren die schweren Belastungen innerhalb dieser Beziehungen so geraten Kinder in ein grosses Dilemma "Ich brauche diese Person, die mir aber schadet". Da dieses Dilemma oft sprachlich noch nicht wiedergegeben werden kann, zeigen sie sich meist auf "somatisch-körperlicher" und "emotionaler" Ebene sowie in Verhaltenseisen wie "Rückzug, Bindungsangst, Aggression, Feindseligkeit, Unbeständigkeit im Erleben und Verhalten". Es kommt nicht nur zu "Kampf - Flucht oder Erstarrungsreaktionen" sondern zu komplexeren Reaktionen des Gehirns die für die Entwicklung des "Ichs" und des "Selbst" zuständig sind.
Folgen dieser Traumatisierungen sind deutlich schwerer zu verarbeiten und führen oft zu erheblichen psychischen Belastungen. Sie ziehen häufig tiefgreifende und schwere psychische Störungen und Bewältigungsmuster mit sich, die im Erwachsenenalter zu Schwierigkeiten führen und die Lebensfreude trüben.
Deswegen führen Typ 2 Traumen gehäuft zu zusätzlichen psychischen Symptomkomplexen wie Depression, Panikstörung, Anpassungsstörung, Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen usw. sogenannte komorbide Störungen.
Ablauf Traumabehandlung
Die Behandlung belastender Lebensereignisse und Behandlung der posttraumatischen Stresssymptomen erfolgt innerhalb des psychotherapeutischen Prozesses. Ziel ist der Abbau der Belastung und die Integration der Ereignisse in die eigene Lebensgeschichte. Die posttraumatische Stressenergie, die in depressiven Symptomen, Angst und Panikattacken, Schlafstörungen, Flashbacks, Orientierungslosigkeit, Übererregung, Überwachheit und Alarmiertest und ständiger Angespanntheit gebunden ist, soll abgebaut werden um eine tiefere Verarbeitung des Geschehens auf psychischer, körperlicher, kognitiver und emotionaler Ebene zu erreichen. Geling dies, sind diese Erfahrungen für sogenannte "Trigger" nicht mehr erreichbar.
Ziel der Behandlung ist es, die posttraumatischen Stresssymptome und Traumafolgen abzubauen, das "Ich" zu stärken, sich selbst neu zu organisieren und die immer gleich ablaufenden Denk- und Verhaltensmuster zu verändern. Es soll zu einer grösseren inneren Entspanntheit, einem besseren Schlaf und zu einem "klareren Kopf" führen. Gelingt dies kann ich mit mehr Lebenskraft besser im Hier und Jetzt sein, es fühlt sich freier an.
......vom "Überleben" - hin zum "Leben können".....
Rechtlicher und ethischer Hinweis:
Die Begriffe Trauma und Therapie sind nicht geschützt, das führt leider dazu, dass der Traumabegriff und der Therapiebergriff sehr leichtfertig verwendet wird. Dies wird meiner Meinung nach dem Leiden von wirklich traumatisierten Menschen nicht gerecht. Es gibt einen rechtlichen Tätigkeitsschutz d.h. es dürfen nur Personen mit einer Behandlungserlaubnis (Psychotherapeuten, Klinische Psychologen, Fachärzte für Psychiatrie und psyhosomatische Medizin, Körperpsychotherapeuten und MusiktherapuetInnen) Traumasymptome und Traumafolgestörungen behandeln und Traumatherapie anbieten. Weiterbildungen in Traumaspezifischen Methoden oder Lehrgängen führen ohne diese Grundberufe zu keiner Behandlungserlaubnis.
Die Begriffe Psychotraumatherapie ,Traumabehandlung oder TraumatherapeutIn ist Angehörigen der Heilberufe für psychische Erkrankungen vorbehalten.
Da traumatisierte Menschen häufig auch in ihrer Berufs- und Alltagfunktion eingeschränkt sind, bedarf es neben der medizinischen und psychotherapeutischen Behandlung auch Unterstützung durch andere Berufsgruppen wie z.B. soziale Arbeit, pädagogische Begleitung, Rechtsberatung, berufliches Coaching, berufliche Wiedereingliederung, Ernährungsberatung usw. um eine umfassende Stabilisierung für die Person erreichen zu können.